Unsere Lutherkirche
Seit 1991 steht unsere Lutherkirche unter Denkmalschutz.
Warum eigentlich? Von außen wirkt sie eher bescheiden und einen Turm hat sie auch nicht. Nur die breite Treppe macht jedem Passanten deutlich, dass sich hinter dem großen Giebel kein Wohnhaus verbergen kann.
Die Lutherkirche ist ein typisches Beispiel für Kirchenneubauten der Nachkriegszeit. Geld hatte damals keiner übrig, so wurden Kirchen günstig und mit viel Eigenleistung der Gemeindeglieder erbaut. Das Besondere an unserer Lutherkirche ist außerdem, dass die ursprüngliche künstlerische Innenausstattung komplett erhalten geblieben ist.
Als Architekt gewann die Gemeinde Olaf Andreas Gulbransson aus München. Prägend für seine Kirchbauten sind eine offene Zeltarchitektur, das Spiel mit geometrischen Grundformen sowie die zentrale Anordnung von Altar, Kanzel und Taufbecken. All das finden wir auch in unserer Lutherkirche, wohl eine der ersten Kirchbauten Gulbranssons.
Die Grundsteinlegung der Lutherkirche fand am 20. September 1953 statt.
Nur sechs Monate nach Beginn der Bauarbeiten wurde am 28. März 1954 Kirchweihe gefeiert.
Schauen wir uns jetzt die Kirche genauer an und steigen gemeinsam die breite Treppe empor. Wir stehen vor der Kirchentür.
Die Kirchentür aus Kupfer zeigt ein Reliefbild des Reformators Martin Luther – Namensgeber der Kirche – begleitet von dem Lutherzitat „Das Wort sie sollen lassen stahn“. Das zeigt schon deutlich, was uns als Gemeinde auch heute noch ganz wichtig ist: das Wort Gottes. Den Entwurf für die Tür zeichnete Gulbranssons gleichnamiger Vater, ein berühmter Karikaturist.
Betreten wir nun die Kirche und gehen ein paar Schritte in den Kirchenraum hinein. Unwillkürlich fällt unser Blick auf das farbige, runde Altarfenster. Es entstand auf Initiative der beiden Münchner Künstler Joseph Oberberger und Arno Bromberger.
Das Fenster ist durch Dreiecke und Kreise in mehrere Felder unterteilt. Die Dreizahl der Kreise und das Dreieck sind Symbole für das Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes – Gottvater, Sohn und Heiliger Geist. Die Felder selbst bestehen aus vielen leuchtend-bunten Scheiben. Ganz oben im Kreis erkennt man den Kopf Christi, links und rechts seine Hände mit den Wundmalen von der Kreuzigung, unten seine Füße. In den seitlichen Kreisen sind kleine Menschen zu sehen.
Die bildhafte Zerstückelung Christi soll das Leid der Welt darstellen. Das Fenster zeigt aber auch, dass Jesus, der Auferstandene, seine Jünger segnet. Und zu den Jüngern gehören auch alle, die in dieser Kirche in seinem Namen versammelt sind.
Die vielen bunten Scheiben haben aber noch eine dritte Bedeutung: So, wie die Menschen, die hier zusammensitzen, bunt zusammengewürfelt sind, verschieden, nicht perfekt, sondern mit Fehlern, unvollkommen, vielleicht kaputt, aber doch vereint, so sind es auch die Scheiben des Mosaiks.
Dieses Kirchenfenster besteht nämlich aus Glasscherben, die die Künstler von einem Fenster des Augsburger Doms aufgesammelt haben sollen, das im Krieg zerstört wurde.
Lassen wir nun den Innenraum der Kirche auf uns wirken.
Der Kirchenraum hat den Grundriss eines gestreckten Sechsecks. Die Gitterträger des offenen Dachstuhls erinnern an das Gestänge eines Festzelts. Die Form des Zeltes knüpft an menschliche Erfahrung an: „Wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir“, heißt es im Hebräerbrief.
Menschen sind auf dem Weg, Menschen sind auf der Suche. Das Zelt erinnert uns an das jüdische Gottesvolk, das Mose durch die Wüste führte. Das Zelt erinnert uns aber auch an unsere Vorfahren, die sich einst auf den Weg machten, auf die Suche nach einem Ort, wo sie Heimat finden und in Frieden leben konnten. Und das war das Schicksal von vielen, die nach Pforzheim kamen.
Seitlich hat die Kirche nur kleine Rundfenster, die wie die Bullaugen eines Schiffes wirken: Das Zelt ist auch ein Kirchenschiff, ein Schiff, das der Gemeinde, die sich dort versammelt, Geborgenheit gibt.
Wenn wir auf den Altar zu gehen, fällt unser Blick auf den Taufstein.
Der Taufstein steht in der Mitte vor dem Altar, nicht an die Seite gerückt, wie in vielen anderen Gotteshäusern. Das betont die Wichtigkeit der christlichen Taufe und unterstreicht, dass die Taufe den Zugang zur Gemeinschaft mit Gott selbst ermöglicht.
Der Taufstein mit Bronzedeckel geht auf einen Entwurf von Ulfert Janssen zurück.
Links vom Taufstein, zwei Stufen erhöht, befindet sich die Kanzel. Sie ist an der Vorderseite mit den Symbolen der vier Evangelisten geschmückt, deren Botschaft, das Neue Testament, von dort verkündigt wird.
Der Altar direkt hinter dem Taufstein, aber fünf Stufen erhöht, ist mit Anker und Fischen geschmückt, zwei Symbole aus der urchristlichen Zeit.
Durch versteckte Fenster flutet Licht in den Altarraum hinein. Das ist ein Zeichen für Christus, der das Licht der Welt ist – und auch das Licht unseres Lebens.
Drehen wir uns nun um und schauen zum Eingang zurück. Durch das bunt verglaste Fenster fällt Licht auf die Empore, wo die Orgel steht. Sie begleitet die Gemeinde durch jeden Gottesdienst beim Singen und Beten.